Die Weihnachtselfe
“Elfriede! Wirst du wohl aufpassen! Im Unterricht wird nicht geredet!” Oh je, Frau Schulmeister kreischt ja durchs Klassenzimmer, als ob wir taub wären! Dabei haben ich und Jenny uns so leise unterhalten, dass keiner gestört wurde und wir Frau Schulmeister auch mühelos verstanden. Sie hätte echt nicht so brüllen müssen. Aber wir passen jetzt lieber auf, sonst bekommen wir am letzten Schultag noch eine Verwarnung. Nach endlosen fünf Minuten klingelt es endlich. Frau Schulmeister will uns aber anscheinend bis Weihnachten hier behalten und erklärt: “Da einige Schülerinnen sich diese Stunde nicht ganz korrekt verhalten haben,” ich frage mich, warum sie uns beide so anguckt, “bekommt ihr noch ein wenig Hausaufgaben, damit euch über die Feiertage nicht langweilig wird.”
Die ganze Klasse stöhnt, als Frau Schulmeister die Aufgaben an die Tafel schreibt. Das kann ja heiter werden! Dabei habe ich gerade zu Weihnachten soviel zu tun. Ich bin nämlich eine Elfe! Genauer gesagt eine Weihnachtselfe. Ihr seid überrascht? Ach, stimmt ja, ich habe mich noch gar nicht vorgestellt: Mein Name ist Elfriede, ich bin eine Weihnachtselfe und lebe beim Weihnachtsmann mit vielen anderen Elfen, jungen und alten, zusammen. Ich bin 135 Jahre alt. Das sind … ähm … ungefähr 9 Menschenjahre, oder so. Im Rechnen war ich noch nie gut. Das ganze Jahr über müssen wir zur normalen Schule gehen. Und in den Ferien müssen wir eine Elfenschule besuchen. Denn eigentlich sieht man es uns nicht an, dass wir Elfen sind, aber wir haben kleine, spitze Ohren und schwache Zauberkräfte (die mit der Zeit stärker werden). Kurz vor Weihnachten bekommen wir normalerweise schulfrei. Nur diesmal nicht, da die richtigen Ferien schon 7 Tage vor Weihnachten beginnen. Mehr hätten wir auch nicht bekommen. Du willst jetzt sicher noch wissen, wo wir während der Schulzeit leben? Nun, alle kleinen Elfen (so zwischen 90 und 225) leben zusammen in einer Wohnung. Ist ein bisschen eng, aber richtig witzig! Sina, eine alte Gnomin, kümmert sich ganz toll um uns! Tja, jetzt sieht es so aus, als wäre ich während der Ferien schwer beschäftigt. Denn als Weihnachtself muss ich natürlich helfen Geschenke zu machen, zu verpacken und alles vorzubereiten. Und natürlich die ganzen Hausaufgaben! 20 Minuten später treffe ich mich mit allen anderen Elfen, die auch hier zur Schule gehen.
Hinter dem Wald, der an die Schule grenzt, steht schon der Schlitten. Schnell steigen wir ein und los geht die Fahrt! Der Nordpol ist nämlich ganz schön weit weg. Aber nach mehreren Stunden kommen wir schließlich an, durchgefroren und eingeschneit. Aber wir sind da! Der Weihnachtsmann steht auch schon bereit, um uns zu begrüßen. Wie haben wir ihn vermisst! Schnell umarmen wir ihn alle, aber dann geht’s an die Arbeit! Wir wollen schließlich rechtzeitig fertig werden. Wunschlisten lesen, Geschenklisten schreiben (für die Elfen in der Werkstatt), Geschenke bauen, Geschenke verpacken. So geht es die ganz nächste Woche. Manchmal wird es mir zu anstrengend und ich habe überhaupt keine Lust mehr, dann setzte ich mich in eine Ecke. Dort bleib ich dann ein bisschen sitzen, bis Rudolphine, eine Eisbärin, kommt und mich aufmuntert. Denn alle Elfen müssen mithelfen. Leider geht nicht immer alles so glatt.
Drei Tage später kommt es zum ersten Zwischenfall. Irgendein junger Elf hat die Geschenkmaschine für Figuren mit zwei Listen auf einmal gefüttert. Aber das war zuviel für die Maschine, schließlich ist sie schon über 800 Jahre alt. Sie bringt noch kurz einen Puppenkörper mit einem Astronautenhelm raus, dann keucht und würgt sie nur noch. Dann ist alles still. In der ganzen Werkstatt hört man nur noch das leisere Summen der neueren Maschinen und das Hämmern einiger Elfen. Da nun aber das lauteste Geräusch verstummt ist, wird es in der ganzen Halle totenstill, und alle scharen sich um die Geschenkmaschine.
JuniorElf, der junge Elf, der dieses Jahr für die Geschenkmaschine zuständig ist, rennt laut rufend aus der Halle. “Weihnachtsmann, Weihnachtsmann! Komm schnell, die Geschenkmaschine ist kaputt!!!” Kurz darauf ist der Weihnachtsmann da. Kritisch untersucht er die Maschine während alle Elfen gespannt darum herum stehen. Hoffentlich ist es nichts schwerwiegendes, denn ohne die Maschine würden wir es nie schaffen, alle Figuren herzustellen. Nachdenklich beendet der Weihnachtsmann seine Untersuchung, dann erklärt er mit fester Stimme: “Alle Elfen zurück an die Arbeit!!! Elfriede , du holst Svenni, er kennt sich mit Maschinen aus! Luisa, du bleibst auch da!” Geschwind flitze ich los, um Svenni zu suchen.
Als wir wieder zurück kommen, sind der Weihnachtsmann und Luisa schon bei der Arbeit. Das heißt, Luisa berichtet dem Weihnachtsmann, was an der Maschine kaputt ist. Das ist nämlich ihre Zauberkraft. Sie versteht alle, ob Menschen, Tiere, Pflanzen oder sogar Maschinen (allerdings nur die vom Weihnachtsmann). Mit ihrer Hilfe hat Svenni (dessen Zauberkraft sich mit Reparaturen und Maschinen aller Art befasst) bald den Fehler behoben. Alle atmen auf, denn jetzt schaffen wir vielleicht noch unseren Zeitplan. Das nächste Unglück ereignet sich am Abend vor Weihnachten. Ich bin zurzeit dabei, Geschenke zu verpacken und den Namen von dem jeweiligen Kind drauf zu schreiben. Ist ganz schön anstrengend, man muss sehr aufpassen. Tja, wir arbeiten da so schön, doch plötzlich hören wir Fred (der Elf, der für die Rentiere zuständig ist) rufen: “Weihnachtsmann, schnell!!! Reni ist abgehauen!” Reni ist ein Rentier, der Bruder von Rudolph (kennt ihr sicher). Der Weihnachtsmann ist auch schon da, er winkt mir und ruft: “Elfriede, Mira, kommt mit! Aber nur ihr!!!” fügt er hinzu, als einige kleine Elfchen hinterher laufen wollen. Draußen erklärt er uns die Lage: Reni
wollte dieses Jahr auch den Schlitten ziehen, aber er ist zu klein, außerdem sind alle anderen Rentiere einsatzbereit. Darum ist er abgehauen. “Elfriede, du fliegst los und versuchst, ihn zu finden. Melde dich, wenn du ihn siehst.” Damit gibt es uns beiden ein Funkgerät. “Mira, flitz los, du bist die einzige, die ihn zu Fuß einholen kann. Ich werde mit dem Schlitten selbst suchen.”
Schon erhebe ich mich in die Lüfte und sehe noch, wie aus Miras Schuhen Skier werden, dann bin ich weg. Einige Zeit fliege ich in der Dunkelheit, ohne irgend etwas zu sehen. Selbst wenn er direkt unter mir wäre, würde ich ihn nicht erkennen. In diesem Augenblick tauchen hunderte kleiner Glühwürmchen auf, die mich umschwirren und mir so das nötige Licht schenken. Dankbar lache ich ihnen zu. Nach einiger Zeit höre ich unter mir Hufe. Ob er das ist? Mit einer Handbewegung schicke ich ein paar Glühwürmchen nach unten. Zum Sprechen ist es zu kalt. Und tatsächlich: da unten läuft Reni. Schnell verringere ich meinen Höhenflug, bis ich direkt über ich fliege. Dann greife ich blitzschnell nach seinem kleinen Geweih. Erschrocken bleibt er stehen. Ich lande neben ihm. “Hey, Reni, warum bist du weggelaufen? Wir suchen dich alle!” Reni hört sich ganz traurig an, als er antwortet: “Rudolph ist doch damals auch weggelaufen, dann wurde er doch auch ein Schlittenrentier. Ich hab gedacht, bei mir ist das genauso.” “Ach Reni, du bist halt noch klein. Nächstes Jahr darfst du bestimmt mitfliegen!” Damit hole ich mein Funkgerät raus und benachrichtige den Weihnachtsmann. Zehn Minuten späten sind wir wohlbehalten wieder zurück. Reni kommt in seinen Stall und ich mache mich wieder an die Arbeit.
Am nächsten Morgen erwartet uns allerdings noch eine unliebsame Überraschung: Toppsi , ein anderes Rentier, ist erkältet, ebenso wie die Ersatzrentiere. Es scheint, als könnte die Schlittenfahrt nicht stattfinden, denn zu sechst packen die anderen den Schlitten nicht. Zum Glück kommt Joungi , eine unsere jüngsten Elfen, auf eine gute Idee: Reni
soll doch fliegen! Alle sind damit einverstanden, am meisten Reni . Der ist ganz aus dem Häuschen, dass er in der zweiten Reihe fliegen darf, neben Jenny und hinter Rudolph. Am Abend ist es dann soweit: Der Schlitten ist gepackt, die Rentiere angeschirrt und alle Elfen stehen als Abschiedskomitee bereit. Dann fliegen sie los. Wir alle rufen noch im Chor hinterher: “FRÖHLICHE WEIHNACHTEN!!!” Ganz bestimmt hast du schon mal in der Ferne diesen Ruf gehört. Das waren wir. Also, noch fröhliche Weihnachten an euch alle!!! Und (vielleicht) bis zum nächsten Jahr!