Einige Freunde haben wir auf unseren langen Weg, verloren, wiederum begleiten uns manche, bereits seit dem Kindergarten und andere haben wir erst im Erwachsenenalter kennengelernt. Wie entstehen eigentlich Freundschaften und wie pflegt man sie“?
Voraussetzungen, damit Freundschaften entstehen können
„Es gibt drei Grundvoraussetzungen für Freundschaft“. Erstens basiert sie immer auf Freiwilligkeit und grenzt sich damit von formalisierten Beziehungen ab. Formalisiert sind solche Beziehungen, die durch Abmachungen oder Urkunden institutionalisiert sind. Zum Beispiel Ehen oder das durch Abstammungsurkunden formalisierte Eltern-Kind-Verhältnis.
„Wissenschaftliche Studien zeigen, dass Freundschaft nur dann funktioniert, wenn ein Mindestmaß an Gemeinsamkeiten besteht. Freundschaft braucht Gleichheit“, wäre die zweite Voraussetzung. Das können Hobbys oder auch identische Moral- und Wertvorstellungen sein. Unsere moralische Urteilsbildung orientieren wir stark an der von den Menschen, die uns ähnlich sind, denen wir – aufgrund von Freiwilligkeit und Gleichheit – nahe sein möchten. Gibt es keinerlei Gemeinsamkeiten, passen Einstellungen und Interessen nicht zusammen, fehlt entweder der Gesprächsstoff oder Stress ist vorprogrammiert.
Die dritte entscheidende Bedingung für Freundschaft ist ein Gleichgewicht im Nehmen und Geben. „Dabei geht es nicht darum, dass der eine dem anderen nicht ohne Gegenleistung hilft. Insgesamt und über einen längeren Zeitraum sollte das Verhältnis ausgeglichen sein“.
Wir lernen die Fähigkeit zur Freundschaft
Liegen diese drei Voraussetzungen vor, ist die Chance für eine Freundschaft relativ groß. Damit sie Bestand hat, müssen aber beide Parteien kontinuierlich an der Beziehung arbeiten.
Die Fähigkeit dazu üben wir im Kindesalter ein. Zunächst vertrauen wir einander blind. „Willst du mein Freund sein?“ ist eine Frage, die Kinder ihrem Gegenüber auch dann schon stellen, wenn sie ihn oder sie noch gar nicht kennen. Dafür könne die Freundschaft auch nach einer halben Stunde wieder aufgekündigt werden, wenn es Streit gibt.
Die Gründe dafür: Kinder wissen noch nicht, wie sie Freundschaft „am Leben“ halten. Freundschaft im Kindesalter hat noch kein gemeinsames „Vertrauenskapital“, z. B. schwierige Lebensphasen wie Krankheiten, die gemeinsam durchgestanden worden sind. Und Kinder haben noch nicht die Erfahrung gemacht, dass eine Freundschaft erarbeitet werden muss, zum Beispiel das man darauf achten, dass „Nehmen und Geben“ nicht einseitig ist.
Im Jugend- und Erwachsenenalter hat man idealerweise gelernt, mit Konflikten umzugehen und sie mit dem Freund oder der Freundin bzw. dem Partner oder der Partnerin konstruktiv zu lösen. Übrigens: Dass Männer und Frauen Beziehungsprobleme oft unterschiedlich lösen – Frauen reden mit ihren Freundinnen über die verflossene Liebe, Männer reden mit einem „Kumpel“ über alles andere, aber nicht über die zerbrochene Beziehung – ist ein Verhalten, das schon in der Kindheit häufig sichtbar ist. „Mädchen und Frauen treffen sich, um sich auszutauschen, Jungen und Männer, um miteinander etwas zu erleben.
Warum geht es doch manchmal schief?
Woran zerbrechen Freundschaften? „Hier muss man unterscheiden zwischen denen, die aktiv beendet werden und solchen, die einfach auslaufen“. Die bewusste Entscheidung, sich von einem Freund oder einer Freundin zu trennen, ist oft Folge eines Vertrauensbruchs. „Wenn zum Beispiel intime Informationen an Dritte weitergegeben werden, verkraften das viele Freundschaften nicht.“
Laufen Beziehungen aus, habe das hingegen oft damit zu tun, dass sich die Lebenssituationen von Freunden verändern, sie zum Beispiel eine Familie gründen. Prioritäten verschieben sich und das Kind steht an erster Stelle. Das heißt aber nicht, dass die Freundschaft nicht Jahre später wieder aufgefrischt werden kann. Vorausgesetzt, man hat noch gemeinsame Interessen oder Themen, über die man sprechen kann. „Bewiesen ist, dass Freundschaft mit zunehmendem Alter seltener wird. Dafür geben viele Senioren an, dass ihnen die Freunde, die sie haben, näher stehen als ihre Verwandten.“
Warum Freundschaft manchmal ausgeschlossen ist
Manchmal sind es aber auch gesellschaftliche Strukturen, die eine Freundschaft zerstören bzw. sie von vornherein verhindern. Erlaubt eine Gesellschaft zum Beispiel überhaupt, dass es Freundschaften zwischen Männern und Frauen gibt oder trennt sie beide Geschlechter so lange voneinander, bis sie verheiratet sind?
Ist es vielleicht verpönt, Freunde aus einer anderen gesellschaftlichen Schicht zu haben? Derartige gesellschaftliche Regeln können den Kreis potenzieller Freunde stark einschränken. „Je mehr Freiheit man in der Auswahl seiner Freunde hat, desto größter ist auch das Risiko, dass man sich den Falschen oder die Falsche aussucht. „Gemeinsamkeiten muss man zunächst suchen und genau prüfen, wie die Uhr des anderen „tickt“.